Rigid-to-Flex-Shift

Viele Gespräch mit Experten und einer KI bringen mich zu diesem Text. Was denkt die Flexpack Community darüber – Kommentare in alle Richtungen sind herzlich willkommen! „Business as usaual“ war gestern, oder? Kommt ein Rigid-to-Flex-Shift?

1 | Einordnung der Verordnung

Mit der Packaging & Packaging Waste Regulation (PPWR) hat die EU eine Verordnung verabschiedet, die nicht nur Recyclingquoten vorschreibt, sondern erstmals absolute Abfallminderungsziele festlegt (-5 % bis 2030, -10 % bis 2035, -15 % bis 2040 gegenüber 2018). Für Kunststoffe kommen zudem Rezyklatpflichten und ein verbindliches Design-for-Recycling-Kriterium („recycelbar im industriellen Maßstab“) hinzu.

Diese Vorgaben wirken sich unmittelbar auf Materialwahl, Packungsformat und Lieferkette aus. Besonders betroffen sind Produkte, die heute noch in schweren, starren Gebinden abgefüllt werden – denn Gewicht und Volumen gehen künftig direkt in das Abfallkonto eines Herstellers ein.


2 | Warum flexible Verpackungen profitieren

2.1 Weniger Masse = weniger Abfall

Ein Stand-Up-Pouch benötigt oft 90 % weniger Material als ein Glas gleicher Füllmenge. Für Marken bedeutet das: Ohne eine einzige Portion weniger zu verkaufen, sinken die erzeugten Abfallmengen spürbar – exakt das Ziel, das die PPWR vorgibt.

2.2 Recyclingfähigkeit lässt sich technisch lösen

Moderne Mono-PE- oder Mono-PP-Folien können mit hauchdünnen Barrieren (z. B. MDO-PE + SiOx-Beschichtungen) dieselbe Produktsicherheit bieten wie Mehrschichtfolien. Sie erfüllen gleichzeitig die neue EU-Definition „hochgradig recycelbar“. Damit muss der Hersteller weder auf Produktschutz noch auf Regulatorik verzichten.

2.3 Kreislauf schließt sich

Ab 2030 verlangen die PPWR-Quoten, dass kunststoffbasierte Lebensmittelverpackungen bis zu 35 % Post-Consumer-Rezyklat enthalten. Flexible Verpackungen sind hier kein Nachzügler mehr: mehrlagige Coex-Folien integrieren bereits PCR-PE oder PCR-PP in der mittleren Schicht, ohne Sensorik oder Migration zu beeinträchtigen.


3 | Marktausblick bis 2030

JahrFlexibel (Mrd USD)Starr (Kunststoff) (Mrd USD)Flex-Anteil
202563,270,747 %
202873,175,649 %
203080,779,150,5 %
Prognose der Marktanteile in der EU Quellen: Mordor Intelligence: Markt für flexible Verpackungen in Europa (2024); Mordor Intelligence: Markt für starre Kunststoffverpackungen in Europa (2024); eigene CAGR-Hochrechnung für 2025–2030.

2030 wird erstmals mehr als jeder zweite Euro im europäischen Lebensmittel­verpackungs­markt in flexible Formate investiert.


4 | PPWR-Fristen & konkrete Hebel

  1. Reduzierung des Verpackungsaufkommens: Bis 2030 soll das Verpackungsaufkommen um 5 % reduziert werden, bis 2035 um 10 % und bis 2040 um 15 %.
  2. Kreislaufwirtschaft: Einführung von Recyclingfähigkeit und Mindestrezyklatanteilen.
  3. Wiederverwendung: Bis 2030 sollen mindestens 20 % des Kunststoffverpackungsaufkommens im Lebensmittelsektor wiederverwendbar sein, bis 2040 sogar 40 %.
  4. Erweiterte Herstellerverantwortung: Der Hersteller begleitet die Verpackung bis zum Ende des Lebenszyklus und übernimmt die Kosten für Sammlung, Sortierung und Recycling.
  5. Einführung und Ausbau von Pfand- und Rücknahmesystemen: Bis 2029 sollen mindestens 90 % der Kunststoffflaschen in Pfand- und Rücknahmesystemen landen.
  6. Transparenz durch Kennzeichnung: Harmonisierte Normen für Kennzeichnungen sollen bis 2026 entwickelt werden.

Detaillierte Informationen zur PPWR und ihren Fristen bieten wir auch in unserem Inno-Talk NEWS: Grundlagen der PPWR – InnoTalk und der Webseminarreihe zur PPWR an.


5 | Schätzungen Praxisbeispiele (2024 → 2030)

SegmentStatus 2024Prognose 2030Erläuterung
Soßen / Suppen30 % Pouch> 55 % PouchGewichtsparität im Regal, plus Nachfüllkonzepte in DRS-Systemen.
Tiernahrung (nass)45 % Beutelca. 70 % BeutelAluminiumdosen verlieren wegen hoher CO₂-Bilanz und Rezyklatpflicht.
Babynahrungs-Quetschies80 % Pouch≈ 90 % PouchGläser bleiben Nische für Premium-Bio-Segmente.
Trockenprodukte (Reis, Kaffee)Karton + PE-InnensackMonomaterial-Beutel > 60 %Papier-Monopouches mit EVOH-Lack werden Standard.
Quelle: Packaging World Insights 2024; Euromonitor Packaged Food Trends 2024; Eigene Marktanalyse.

6 | Was Unternehmen jetzt tun sollten

  1. Portfolioprüfung 2025/26 Jede starre Packung gegen eine flexible Option spiegeln: Kann der CO₂-Fußabdruck um ≥ 40 % sinken?
  2. Design-Freeze bis 2027 Neue Strukturen unbedingt schon jetzt durch RecyClass oder CEFLEX-D4ACE einstufen lassen.
  3. PCR-Material sichern Food-grade PCR-PP/PE wird knapp – langfristige Supply-Agreements sind Gold wert.
  4. LCA zum Standardprozess machen Die PPWR fordert „beste Umweltbilanz pro Anwendung“. Ohne belastbare LCA-Daten sind spätere Umstellungen teuer.
  5. Stakeholderkommunikation Der „Rigid-to-Flex-Shift“ liefert eine greifbare Narrative, die Investoren, Handel und Verbraucher sofort verstehen.

7 | Kernaussage

Die PPWR zwingt Hersteller, leichter, kreislauffähiger und rezyklat­haltiger zu werden. Flexible Kunststoff­verpackungen – ob als Mono-PE/PP-Pouch oder papierbasierter Verbund – treffen diese Vorgaben oft am effizientesten. Wer in den Jahren 2025–30 konsequent auf flexible Formate umstellt, reduziert nicht nur Material und Emissionen, sondern verschafft sich einen handfesten Compliance- und Kosten­vorteil, wenn die 2030-Deadline scharf gestellt wird.

Die Zukunft gehört leichten, durchdachten FlexPacklösungen – für die Umwelt, den Handel und letztlich auch für den wirtschaftlichen Erfolg.

Quellenverzeichnis

  1. Europäische Union (2025): Verordnung (EU) 2025/40 des Europäischen Parlaments und des Rates über Verpackungen und Verpackungsabfälle (PPWR). Verabschiedet am 22. Januar 2025, veröffentlicht im Amtsblatt der EU am 11. Februar 2025. Abrufbar über EUR-Lex.
  2. Reloop Platform (2024): Kurzfassung zur PPWR – Übersicht der wichtigsten Artikel und Fristen. Hintergrundpapier, Brüssel.
  3. Mordor Intelligence (2024): Europe Flexible Packaging Market – Growth, Trends, Forecasts (2024-2030). Branchenbericht, Hyderabad.
  4. Mordor Intelligence (2024): Europe Rigid Plastic Packaging Market – Growth, Trends, Forecasts (2024-2030). Branchenbericht, Hyderabad.
  5. ifeu – Institut für Energie- und Umweltforschung Heidelberg gGmbH (2021): Lebenszyklus-Analyse von Stand-Up-Pouches im Vergleich zu Glas- und Metallverpackungen (Studie im Auftrag der FPE). Heidelberg.
  6. Packaging World Insights (2024): Trend Report – The Rise of Stand-Up Pouches in European Retail. Chicago.
  7. Euromonitor International (2024): Packaged Food Trends in Western Europe 2024. London.
  8. TOMRA Systems ASA (2025): Rezyklatquoten und Sammelsysteme für Kunststoffverpackungen in Europa 2025. Weißbuch, Asker.
  9. CEFLEX / RecyClass (2023): Design for Recycling Guidelines for Flexible Polyolefin-based Packaging. Brüssel.
  10. Eigenrecherche & Extrapolation (2025): CAGR-Berechnungen 2025-2030 auf Basis der Marktwerte aus Quelle 3 & 4.
  11. Interne Marktanalyse (Innoform, 2025): Segmentprognosen für Soßen, Tiernahrung, Babynahrung und Trockenprodukte, basierend auf Kundenumfragen und Handelsdaten Q1/2025.
  12. Chat GPT Deep Research