Schlecht gemachte Mono-Materialverpackungen schaden mehr als dass sie nützen.
Die Kunststoffverpackungen sind auf dem Weg zur Kreislaufwirtschaft – das liest und hört man überall. Doch ist das wirklich so? Filme wie „Die Recyclinglüge“ lassen aufhorchen, auch, wenn die Kommentare aus Fachkreisen vernichtend klingen mögen. Machen Sie sich gern selber ein Bild:
Wir haben nach wie vor ein Recyclingproblem. Das steht außer Frage. Es wird noch viel zu wenig recycelt, und die Qualität, die aus Regenrat gewonnen wird, ist zu schlecht und nicht verlässlich verfügbar. Aber was ist die Alternative?
Diese Frage stellen sich viele Marketers und Handelsverantwortliche. Das Problem ist nicht allein die Recyclingfähigkeit der Kunststoffverpackungen – und in unserem Falle die der Folienverpackungen. Die Herausforderung ist, einen wertschöpfenden Kreislauf zu erzielen, um das heutige Wirtschaftssystem weiter betreiben zu können. Damit meine ich das einfache, sichere, kostengünstige und bequeme Einkaufen im Supermarkt mit industriell abgepackten Lebensmitteln. Denn erst diese Wirtschaftsform macht das Leben in Großstädten möglich.
Erschwerend kommt hinzu, dass sich die Verbrauchergewohnheiten sogar noch mengenerhöhend auf die Verpackungswirtschaft auswirken. Gründe hierfür sind u. a.
- E-Commerce und damit immer mehr Umverpackungen
- Essen-To-Go-Gewohnheiten (Snackification) mit Mini-Portionen und mehr Verpackungen
- Single-Haushalte und daher kleinere Verpackungen
- Lieferervices mit fertig oder halb-fertig zubereiteten Portionen und mehr Verpackungen
Nun suchen viele Abpacker und Packmittelproduzenten eine Lösung im 100 % Kreislauf. Immer mehr Ingenieur*innen bezweifeln jedoch stark, dass mechanisches Recycling, auf das wir die Recyclingfähigkeit derzeit trimmen, überhaupt zu einer echten Kreislaufwirtschaft für Lebensmittelverpackungen führen kann.
Folien bestehen heute immer aus hoch entwickelten Mischungen verschiedener Polymere und/oder Polymertypen. Hinzu kommt, dass die vielen Anforderungen heute nur noch mit mehreren Folienschichten garantiert werden können. Zudem sind Kunststoffverpackungen extrem stark reguliert, um das Lebensmittel von Schadstoffen freizuhalten und die Sicherheit von verpackten Lebensmitteln zu garantieren.
In dieser Gemengelage erscheint es schwierig, recycelte – um ehrlich zu sein down-gecycelte – Polymere je wieder in einen echten Kreislauf zu integrieren. In jedem Fall sind dafür noch viel Entwicklungsarbeit, Zeit und Geld erforderlich. Ansätze, dass es funktionieren kann, zeigt das PET-Flaschenbeispiel, wo im Kunststoffbereich in Deutschland die höchsten Recyclingquoten erreicht werden und auch Lebensmittelverpackungen wieder aus Regenerat hergestellt werden. Doch so recht wohl fühle ich mich als Verbraucher mit den teilweise verfärbten opaken, aus Regenerat bestehenden Flaschen nicht. Sind wir da wirklich auf dem richtigen Weg? Oder gibt es andere Hebel, die zu einer wesentlich sicheren und besseren Lösung führen?
Was wird als alternative Lösungswege diskutiert? Hier nun eine empirisch gesammelte Liste:
- Unverpackte Lebensmittel (Verderb, Kosten- und Zeitinvestitionen sind zu bedenken)
- Regionale Lebensmittel (weniger und weniger komplexe Verpackung, aber geringere Haltbarkeit)
- Weniger vorgefertigte Lebensmittel – keine Fertigmenüs (weniger Convenience)
- Umstellung auf alternative Materialien (Papier, Naturfasern sind oft weniger nachhaltig, aber scheinbar besser kreislauffähig?)
- Mehrweg-Lösungen in Glas, Kunststoff oder Blech (oft schlechtere Öko-Bilanzergebnisse und nur regional bisher denkbar)
Das sind nur die momentan am heftigsten diskutierten Alternativen, wenn es denn welche wären. Insgesamt scheint eine Gesellschaft, wie sie in Europa seit Jahrzehnten vorherrscht, nicht ohne Verpackungen auskommen zu können und zu wollen. Im Gegenteil – Prognosen deuten auf ein stetiges Wachstum auch im Flexpackbereich hin.
Sind wir also wirklich mit der Forderung nach Kreislaufwirtschaft für Lebensmittelverpackungen auf dem richtigen Weg? Oder sollten wir anstelle der Verschlimmbesserung durch Monomaterialzwänge lieber weiter auf Convenience, Kosten und Produktschutz setzen? Und sollten wir – solange noch fossile Brennstoffe verwendet werden – Folienverpackungen und alle Kunststoffabfälle, die schwer wieder in den Kreislauf zurückzuführen sind, verbrennen, um der Schwerindustrie wie Zementwerken einen hochwertigen Brennstoff zur Verfügung zu stellen? Oder bremsen wir damit nur den Innovationsdruck auf die ersehnte kreislauffähige Kunststoffverpackung?
Eine schlechtere User-Experience dürfen wir uns meiner Meinung nach durch den teilweise schon manischen Drang zu Mono-Materiallösungen nicht leisten. Diesen negativen Kundenerfahrungen am einzigen Touch-Point der Marke – zwischen dem Produkt und dem Konsumenten über die Verpackung – sollten wir große Beachtung schenken, und sie sollten uns zu ganz neuen Ideen anregen. Mono-Material allein wird das Problem der Lebensmittel-Flexpackbranche wohl nicht lösen können.