Die 8. Europäische „Standbeutel-Konferenz“ zeigte am 6. und 7. November in Wien eindrucksvoll, wie nachhaltig, praktisch und kostengünstig Standbodenbeutel als Verpackungsform sind. Mit exzellenten Barriere Eigenschaften, reduzierten Verpackungsmaterialien und smartem Design gelingt es ihnen, neue verbraucherfreundliche Verpackungslösungen hervorzubringen.
Dieter Finna
Der Wachstumsprozess bei Standbodenbeuteln hält unvermindert an. Warum das so ist und wie sich der Markt weiter entwickelt zeigten die Referenten in den Fachvorträgen aus unterschiedlichen Perspektiven eindrucksvoll auf. Im Rahmen der Innoform Veranstaltungsreihe organisierte und moderierte Karsten Schröder die Konferenz, die bereits zum achten Mal Experten aus Industrie, Forschung und Markenunternehmen vereinte.
Die „BUILDR“-Plattform von Sealed Air unterstützt Nutzer in der frühen Phase der Verpackungsentwicklung. (Quelle: Sealed Air Corporation)
In seinem Vortrag „Supercharge Your Packaging“ stellte Dani Tulchinski von Sealed Air Corporation die BUILDR by Sealed Air Plattform vor. BUILDR hilft Marken, ihre Verpackungsprodukte erfolgreich auf den Markt zu platzieren und das Risiko ihrer Verpackungsinvestitionen mit datengesteuerten Innovationen und nachhaltigen flexiblen Beutel- und Rollenverpackungslösungen zu minimieren.
Mit einem kunden- und serviceorientierten Ansatz unterstützt BUILDR seine Kunden bei der Materialauswahl, der Format- und Größenoptimierung, dem Design, dem Messaging und der Elastizität der Produktpreise. Darüber hinaus können Marken zwischen Rapid Prototyping (digital und/oder physisch) wählen, um innerhalb von Stunden, digital Kundenfeedback zu ihrer auf branchenspezifische Bedürfnisse zugeschnittenen Verpackung einzuholen.
Vorteile des Digitaldrucks bei Standbodenbeuteln (Quelle: HP-Indigo)
Josep Isart von HP-Indigo führte in seinem Vortrag „Nachhaltigkeit als
Business Enabler“ die Gründe auf, warum Digitaldruck in dem rapide wachsenden Markt Stand-up Pouches Vorteile mit sich bringt. Basierend auf den bekannten Vorzügen des Digitaldrucks wie Kleinauflagen mit kurzen Lieferzeiten liegt ein Haupttrend für den Wechsel von starren zu flexiblen Verpackungen auch in der Nachhaltigkeit durch Wiederbefüllung. Marken profitieren beim Wechsel auf flexible Verpackungen wie Pouches von geringeren Produktionskosten, verbesserter Logistik, oftmals vergrößerter Dekorationsfläche, höherer Sichtbarkeit im Regal und insgesamt verbesserter Nachhaltigkeit. Digitaldruck ermöglicht außerdem ganz neue Geschäftsmodelle, wie die Überleitung zum nächsten Vortrag zu den Labelisten zeigt.
Das standardisierte Produktprogramm der Labelisten aus PP Verbundfolie. (Quelle: Labelisten)
In ihrem Vortrag „Kleine Losgrößen – großer Vielfalt“ veranschaulichte Nina Beck von Labelisten, warum Großkunden zunehmend kleinere Bestellmengen benötigen. Während Lebenszyklus, Losgröße und Durchlaufzeit von Produkten immer kürzer werden, steigt die Nachfrage nach Personalisierung, limitierten Auflagen und Vielfalt an Designs – Trends, die die Produktionsprozesse komplexer machen. Die Labelisten begegnen dieser Herausforderung durch Materialstandardisierung und den Einsatz von Digitaldruck, in beiden Fällen, um eine hohe Designvielfalt bei Standbodenbeuteln zu ermöglichen. Zusammen mit einem einfachen, digitalisierten Bestellverfahren ermöglicht dies Just-in-Time-Lieferungen, teils innerhalb weniger Stunden.
Stefano Di Maiolo von der Wipf AG erläuterte in seinem Vortrag „Hochleistungs-Monomaterial-Beutel mit Ultraschallversiegelung“ die Vorteile der Ultraschallsiegeltechnologie, die die Anwendungsmöglichkeiten von recyclingfähigen Mono-PP- und Mono-PE-Beuteln deutlich erweitert. Da das Verfahren präzise und punktuell Energie einsetzt, können hitzeempfindliche Monomaterialien zuverlässig und unversehrt versiegelt werden. Dadurch entsteht ein breites Spektrum an Verpackungslösungen, von sterilisier- und pasteurisier baren Mono-PP-Beuteln mit hoher Sauerstoffbarriere bis zu Mono-PE- und Mono-PP-Standbeutel mit funktionalen Elementen wie Ausgießern. Vorgestellt wurde auch die Investition in eine Triplex Kaschieranlage auf Basis lösemittelfreier Klebstoffe, die erste ihrer Art. Sie führt zu einer deutlichen Reduktion des Treibhausgas-Ausstoßes bei der Wipf AG und unterstützt bei ihren Kunden die Erreichung von Klimazielen im Scope 3.
Recyclefähige Kaffeeverpackung aus PP Monomaterial – ohne Klebstoff und Kaschierung. (Quelle: Polifilm Extrusion GmbH)
Susanne Zobel-Reusch von Polifilm Extrusion GmbH stellte in ihrem Vortrag „Standbodenbeutel – Nachhaltigkeit gut positioniert mit PE- und PP-Monofolien“ innovative Monomaterial Lösungen vor. Für die bedruckbare Außenseite bieten MDO-PE Folien einen vollwertigen PET-Ersatz, optional mit EVOH-Sauerstoffbarriere, bereits als ultradünne Folie in 18 µm. Zudem gibt es PP-basierte, bedruckbare und früh siegelnde Folien, die sterilisierbar sind und einen geringen Schrumpf aufweisen. Als All-in-One-Lösung für Standbodenbeutel bietet Polifilm eine PP-Monomaterialfolie mit EVOH-Barriere und niedriger Siegeltemperatur an, die ohne Kaschierung auskommt. Sie hat sich bereits für Kaffeeverpackungen bewährt und lässt sich in ihren Eigenschaften flexibel auf spezifische Anforderungen anpassen.
Der Gemeinschaftsvortrag von Lutz Neugebauer (Südpack Verpackungen) und Thomas Fuest (SN-Maschinenbau) thematisierte einen „Paradigmenwechsel für Abfüller von Spoutbeuteln“ durch die Option der Inhouse-Produktion. Vorgestellt wurde ein schlüsselfertiges Konzept aus drei Komponenten, das Beutelmaschine, Folie und Spout (Menshen) umfasst. Sie bringt Poduktionssicherheit und spart Zeit. Durch Insourcing wird die Wertschöpfungskette optimiert sowie die Time-to-Market verkürzt. Die neuen recyclingfähigen, laminierten Mono-PP-Beutel reduzieren das Verpackungsgewicht um 7,2 % im Vergleich zu PET/Alu/PET/PE-Verbunden und senken die CO₂e-Emissionen um 58 %. Die Recyclingfähigkeit der Monomaterial-Beutel ist nach cyclos-HTP mit 96 % angegeben. Die Kosten- Einsparungspotentials des Komponentensystems liegt im 2-stelligen %-Bereich im Vergleich zu vorgefertigten Spoutbeuteln.
Ultraschallsiegeln reduziert die Anzahl offener Beutel im Handel deutlich und minimiert damit den Verlust an Inhalt. (Quelle: Herrmann Ultraschall)
Michael Baumann von Herrmann Ultraschalltechnik stellte in seinem Vortrag „SUP’s & PPWR – Wertbeständig mit Ultraschallversiegelung“ die Vorteile des Ultraschallsiegelns gegenüber dem Heißsiegeln vor. Ultraschallsiegeln beeinflusst das Füllgut nicht thermisch und gewährleistet dank einer inline Siegel-Qualitätskontrolle deutlich weniger offene Verpackungen im Handel. Ein wesentlicher Vorteil liegt auch im geringeren Materialverbrauch, da die Siegelnähte schmaler sind, sowie im geringeren Energieaufwand des gepulsten Verfahrens im Vergleich zu dauerbeheizten Siegelbacken. Dadurch sinken die Energiekosten laut Herrmann Ultraschall um bis zu 75 %, was die CO₂-Emissionen erheblich reduziert.
In seinem Vortrag „Fortschritte bei der Verbesserung der mechanischen Widerstandsfähigkeit von Monomaterial-PE-Beuteln mit Ausgießern“ erläuterte Pierre-Emmanuel Grandjean von Bernhardt-Deltasacs die zentralen Parameter zur Steigerung der mechanischen Widerstandsfähigkeit von Beuteln. Neue Folienstrukturen, die verschiedene Polyethylen-Schichten kombinieren, verbessern die Stabilität der Beutel. Das zum Patent angemeldete «Bernhardt Progressive Sealing» System mit speziell angepassten Siegelwerkzeugen sorgen für höhere Siegelhomogenität und Festigkeit. Zudem wurde für 2-Liter-Doypacks eine optimierte Bodenform entwickelt, die eine hohe Stoßfestigkeit und Stabilität gewährleistet.
Ronny Kunze von der Sihl GmbH präsentierte in seinem Vortrag “Die Schönheit von individuell bedruckten Standbeuteln“ mit „adelmo“ eine innovative B2B-Online-Plattform, die den Erstellungs-, Anpassungs- und Bestellprozess von digital bedruckten Standbodenbeuteln vereinfacht. Über Adelmo können Kunden mit Hilfe eines 3D-Konfigurators, der eine Vorschau der Entwürfe in Echtzeit zeigt, das Design ihrer Beutel entwerfen. Die Plattform deckt die Nachfrage nach vorgefertigten, bedruckten Beuteln mit einer Lieferzeit von wenigen Tagen in Losgrößen von 1 – 50.000 Stück ab, was ideal für Produkte ist, die eine schnelle Markteinführung, limitierte Auflagen oder personalisierte Verpackungen erfordern. Damit zeigte er neue Geschäftsmöglichkeiten der lokalen adelmo Druckpartner und deren Kunden in einem wachsenden Umfeld auf.
Marktentwicklung Standbodenbeutel von 1996 bis 2023 in Europa. (Quelle: Schönwald Consulting)
Jörg D. Schönwald von SCHÖNWALD CONSULTING ging in seinem Vortrag „Standbodenbeutel auf dem Weg in die Zukunft“ auf die beeindruckende Marktentwicklung von Standbodenbeuteln in Europa ein, deren Verbrauch sich von 1996 bis 2023 auf 59 Milliarden Einheiten mehr als verzwanzigfacht hat. Er analysierte die Marktentwicklung in den Segmenten Lebensmittel, Tiernahrung, Getränke und Non-Food, zunehmend mit Ausgießöffnung und ging auf die eingesetzten Laminatmaterialien ein. Zukünftige Treiber für den Erfolg von Standbodenbeutel sieht er insbesondere in ihrer Nachhaltigkeit, Vielseitigkeit, Benutzerfreundlichkeit, Konsumentenakzeptanz, kosteneffizienten Vorteilen, differenzierten Vermarktungsmöglichkeiten und Fortschritten in der Produktion. Verblüffend für Experten ermittelte er über 50% der Beutel bereits heute als Monomaterial basiert. Nun müssten diese „nur“ noch recycelt werden.
Stoffliches Recycling aus dem Gelben Sack findet überwiegend bei rPET und rHDPE für Flaschen und Tuben statt. (Quelle: dm-Drogeriemarkt)
In ihrem Vortrag „Pouches im Drogeriewarenbereich“ ging Dagmar Glatz von dm-drogerie auf die Marktsituation ein, wo Beutel überzeugen und wo sie vor Herausforderungen stehen. Obwohl dm fast alle Beutel auf Monomaterialien umgestellt und den Einsatz von Rezyklat gefördert hat, fehlt es noch an einer umfassend recyclingfähigen Lösung. Ein Hindernis sind Druckfarben und Klebstoffe, die die Rezyklat-Qualität beeinträchtigen. Zudem ist Rezyklat teurer als subventioniertes Virgin-Material. Während der Einsatz von rPET und rHDPE bei Flaschen und Tuben zunimmt, ist rLDPE aus dem Gelben Sack für Folien kaum einsetzbar und rPP-Recycling in diesem Bereich praktisch inexistent. Glatz betonte, dass technologische Offenheit entscheidend sei, um langfristig die ökologisch beste Lösung für das Lebensende von Verpackungen und ihre stoffliche Wiederverwendung zu finden. Dennoch sieht sie den Beutel als Minimalverpackung, was eine Kernforderung auch in der PPWR im Raum steht.
Im Gemeinschaftsvortrag „Nachhaltig, effizient, erfolgreich: Warum wir unsere Clean Label Produkte im Standbodenbeutel verpacken“ betonten Madeline-Marie Fritsche und Mirko Sattler von Bempflinger Lebensmittel GmbH die Umweltfreundlichkeit des Standbodenbeutels als Alternative zu Dose und Glas. Die Vorteile in Produktion und Logistik umfassen Platzersparnis, kurze Rüstzeiten und ein geringeres Verpackungsgewicht. Die Flexibilität zeigt sich in individueller Gestaltung und den Formaten, während die Benutzerfreundlichkeit durch Unzerbrechlichkeit, geringes Gewicht und einfache Entsorgung überzeugt. Das Marktwachstum wird durch das steigende Interesse des Einzelhandels an Standbodenbeuteln für Eigenmakren gefördert, die mit geringem Gewicht, CO₂-Reduktion und Kosteneffizienz punkten.
Cradle-to-Cradle und Design4Recycling fördern die Verwendung sauberer Materialzusammensetzungen. (Quelle: EPEA Switzerland)
Albin Kälin von epeaswitzerland verdeutlichte in seinem Vortrag „Beutel mit Cradle-to-Cradle-Zertifikat“ die Rolle des Unternehmens als „Wissenstreuhändler“, was die Beschaffung von vertraulichen Materialdaten und deren ökologischen Auswirkungen nach A, B, C, X Kategorien angeht. Eine weitere Rolle von epeaswitzerland liegt in der des „Innovations Treuhändlers“, in der es Unternehmen aktiv in der Vernetzung und Entwicklung von Kreislaufstrategien unterstützt und Audits zur Materialgesundheit, Prozessgestaltung und Kreislauffähigkeit von Verpackungen durchführt. Die Anwendung der Prinzipien Cradle-to-Cradle und Design4Recycling fördern dabei die Verwendung sauberer Materialzusammensetzungen, ablösbarer Release-Beschichtungen und waschbarer Druckfarben. Gezeigt wurde dies am Beispiel der „Frosch Waschmittel Aloe Vera“-Verpackung gezeigt, die Cradle-to-Cradle Certified® Gold zertifiziert ist. Als Voraussetzung für C2C nannte er die s.g. Materialgesundheit. Sie beschreibt, wie gut ein material im Kreislauf geführt werden kann und wie die Umwelt dadurch beeinträchtigt wird.
Lea Middendorf von Pöppelmann FAMAC® präsentierte in ihrem Vortrag „Nachhaltigkeit und Technologie vereint – Ausgießer für Standbeutel“ ressourcenschonende Innovationen im Bereich der Spouts, die ein wesentlicher Bestandteil von Beutelverpackungen sind. Für das thermische Verschweißen und Ultraschallschweißen bietet Pöppelmann Spouts mit patentierter Wellenstruktur an, die die Folie schont. Mit den low-sealing-Materialien lassen sich recyclingfähige Mono-Material-Beutel realisieren – auch mit Schraubverschlüssen aus PE. Für Non-Food-Anwendungen setzt Pöppelmann auf Spouts und Kappen aus Post-Consumer-Rezyklaten und unterstreicht damit das Engagement für mehr Ressourcenschonung und Klimaschutz.
In seinem Vortrag „Neue Ansätze für den Standbodenbeutelmarkt: Die integrierten Verpackungslösungen von Sun Chemical“ stellte Pierangelo Brambilla das Ultra Low Monomer (ULM)-Produktportfolio von Sun Chemical vor. Diese firmeneigene Technologie konzentriert sich auf die Entwicklung von Klebstoffen und Beschichtungen mit extrem niedrigem Restmonomergehalt, was bedeutende Vorteile in Bezug auf die Sicherheit für Betreiber und Verbraucher bietet und ebenso für recyclingfähige Monomaterialverpackungen geeignet ist. Durch die deutliche Reduzierung der Monomer-Migration aus Verpackungsmaterialien in die Produkte verbessert die ULM-Technologie die Lebensmittelsicherheit sowie die Materialgesundheit und erfüllt strenge Vorschriften. Gleichzeitig unterstützt sie den Übergang zu Monomaterialverpackungen wie PE- und PP-basierten Lösungen durch die Integration von Gasbarriere-Eigenschaften im Klebstoff, wodurch sie besser für Kreislaufwirtschaftsinitiativen geeignet sind.
Karsten Schröder schloss die Fachtagung mit einer prägnanten Zusammenfassung der Vorträge. Recyclingfähige Monomaterialien bilden die Voraussetzung für nachhaltigere Lösungen bei Standbodenbeuteln, technologische Fortschritte in den Barriere Eigenschaften vergrößern ihr Einsatzspektrum. Drucktechniken wie der Digitaldruck auf vorgefertigte Beutel ermöglichen die Auflagehöhe ab 1 Stück. Immer mehr Premium-Produkte nutzen Standbodenbeutel, um Lebensmittel, Tiernahrung, Getränke und Kosmetik optisch ansprechend und praktisch zu verpacken. Der wachsende Online-Handel erhöht die Beliebtheit der leichten und robusten Verpackungsform. Mit geringem Platzbedarf und geringem Transportvolumen sind sie für den Versand gut geeignet und bieten Verbrauchern eine hohe Funktionalität und einfache Handhabung. Schon jetzt laufen die Vorbereitungen für die 9. Europäische Standbeutel-Konferenz in 2 Jahren.
Weitere Informationen und Zugang zu den Vortrags-Mitschnitten gibt es unter: innoform-coaching.de/tagung/8th-european-stand-up-pouch-conference-easy-to-use-2024
Und hier geht es zum Live-Mitschnitt der Zusammenfassung von Karsten Schröder